Seit einigen Jahren ziehe ich nun schon Sämlinge bis zur ersten Blüte auf und konnte durch verschiedene Aufzuchtsvarianten die für mich persönlich Beste herausfinden.
Gerne möchte ich dies weitergeben an Solche, die sich auch mal ans "großziehen" von kleinen Sämlingen heranwagen möchten, sich vielleicht eine Flasche oder einen Becher schöner kleiner Phalaenopsiskinder kaufen wollen, nur nicht wissen, wie man sie denn auch gut groß bekommt.
Ferner möchte ich mit dieser Rubrik auch Leuten helfen, die vielleicht gerade dabei sind, "Flaschenkinder" auf zuziehen, aber es aus irgendeinem Grund nicht richtig klappen möchte. Vielleicht kann ich durch diese Seite den ein oder anderen Tipp geben.
Wichtig ist auch das Beobachten der Sämlinge, wie sie sich machen. Solange sie gut wachsen, sollte man nicht eingreifen in den Wachstumsprozess nur weil man was neues ausprobieren möchte. Sieht man aber, daß die Sämlinge selbst nach einem Jahr quasi gar nicht wachsen oder eins nach dem anderen eingeht, sollte man aktiv werden.
Ich habe wirklich viel ausprobiert und gerade anfangs sind mir viele Sämlinge eingegangen- durch meine Ausprobiererei. Aber das sind alles Lernphasen und ich würde nie sagen "Du musst das aber so und so machen".
Was ich machen kann, sind eigene Erfahrungen weiter geben und vermitteln, worauf es ankommt, egal worum es geht.
In einer weiteren Rubrik habe ich schon aufgezeigt, wie entflascht wird- möchte es hier aber mal speziell Punkt für Punkt separat durchgehen.
Sehr wichtig ist die Qualität der Flaschenware!
Schon am besten vor dem Kauf sollte man sich unbedingt ein Bild über die Qualität der Sämlinge in der Flasche machen, ansonsten kann die (erste) Aufzucht zum Desaster werden!
Die Sämlinge in der Flasche sollten schon eine gute Größe haben, bevor sie rauskommen. Die Flasche liegt ja waagerecht, in der die Sämlinge im Nährmedium groß werden. Ist sie nichtmal bis zur Hälfte mit Blättchen gefüllt, sondern mehr oder weniger nur ein Blättchenteppich, ist es besser, sie noch einige Monate in der Flasche zu belassen, bis sie richtig Substanz haben oder direkt die Finger davon zu lassen!
Dabei legt man sie an einen sehr hellen, nicht zu warmen Ort (um die 22 Grad), aber auf keinen Fall den Sonnenstrahlen ausgesetzt!
Auch müssen die Pflänzchen in der Zeit gut beobachtet werden, sowie das Nährmedium. Fängt es an zu perpilzen/schimmeln, muß sofort entflascht werden.
Je größer die Sämlinge in der Flasche sind, desto besser ist ihr Start außerhalb Dieser.
Ich bekam gerade eine Meldung über einen Aussaatversuch, wo die Sämlinge viel zu früh aus der Flasche kamen, bzw. der Person die Flasche viel zu früh verkauft wurde. Die Überlebensfähigkeit bei solch winzigen Sämlingen ist sehr gering und da schaffen es dann wirklich nur die paar Stärksten.
So etwas frustriert ungemein, da man sich allergrößte Mühe gibt und sich ja auch freut, selbst Orchideen groß zu ziehen. Es artet in einen Überlebenskampf aus und meist gehen die Winzlinge schneller ein als man gucken kann. Traurig und deprimiert kämpft man um jedes Sämlingsleben und fragt sich, was man falsch gemacht hat.
Man selbst muß nicht mal etwas verkehrt gemacht haben- meistens waren die Pflänzchen einfach noch nicht soweit, um außerhalb der schützenden Flasche gedeihen zu können.
Ein Becher mit tadellosen Phalaenopsis Sämlingen möchte "ausgebechert" werden. Sie haben die perfekte Größe um getopft zu werden.
Aus dem Becher heraus lasse ich sie vorsichtig in eine große Spülschüssel gleiten, die mit lauwarmen Wasser gefüllt ist. Durch das lauwarme Wasser löst sich das restliche Nährmedium von den sehr empfindlichen, zarten Wurzeln besser ab.
Was auch noch ganz wichtig ist: Sollte sich auf dem Nährmedium Schimmel anfangen auszubreiten, ist SOFORTIGES entflaschen/ausbechern angesagt!
So etwas passiert an und ab einmal, wenn der Deckel nicht mehr richtig dicht hält. Auch sollte man die Sämlinge in der Flasche genau beobachten, ob sich vermehrt gelb-wässrige Blättchen oder Wurzeln bilden. Auch dann sollte man nicht mehr zu lange mit dem entflaschen warten.
Weiß man, daß man "Nachwuchs" in Form von Sämlingen in Flaschen/Bechern erwartet, sollte man alles Nötige dafür bereits daheim haben um je nachdem umgehend mit dem pikieren der Pflänzchen zu beginnen.
Auf Zewa lasse ich die Kleinen kurz abtropfen. Sie müssen keineswegs über mehrere Stunden erst komplett abtrocknen.
Wichtig ist nur, daß sich kein Nährmedium mehr an den Pflänzchen, bzw. den Wurzeln befindet, denn dies fängt an der Luft, verbunden mit hoher Luftfeuchtigkeit später im Minigewächshaus ganz schnell an zu schimmeln- ferner riecht es dann auch nicht mehr besonders gut.
Nun geht es ans eintopfen der frisch vom Nährboden befreiten Sämlinge. Dazu verwende ich am liebsten lebendes Sphagnum Moos. Wenn ich allerdings momentan nicht so schnell an welches heran komme, darf es auch gerne totes Sphagnum sein (wie auf dem Foto). Es wirkt sehr antibakteriell und schimmelt nicht. Auch ist Sphagnum perfekt für eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit, die im Minigewächshaus kontinuirlich herrscht.
Zum Thema Sphagnum habe ich hier etwas stehen (in der Rubrik runterscrollen): Orchideensubstrate
Topft man in Rinde, sollte das Minigewächshaus gemieden werden, da sich zu schnell auf die immerfeuchte Pinienrinde Schimmel absetzt.
Je nach Wurzelmasse setze ich ein bis zwei Sämlinge in ein Töpfchen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß zwei oder mehrere Sämlinge im Topf besser wachsen als einer alleine. Auch darüber habe ich eine Rubrik verfasst.
Hier geht es zu dieser Rubrik: Mit Orchideen kommunizieren?
Nach und nach füllt sich der mit ganz feinen Tonkügelchen ausgelegte Minigewächshausboden mit frisch getopfen Sämlingen.
Bevor ich die Töpfchen in die Schale setze, werden sie nochmal ganz kurz mit sehr weichem Wasser gewässert, dann gut abtropfen lassen. Das Sphagnum sollte fast nass sein, aber nicht mehr triefend nass.
Sollte noch etwas überschüssiges Wasser in den Töpfchen sein, so läuft es unten heraus. Als kleine Drainage habe ich ja die Tonkügelchen drin.
Lege ich die Sämlinge allerdings lose auf das sehr feuchte Sphagnum, so benutze ich KEINE Drainage aus Tonkügelchen, da das lose Sphagnum nie so nass wird, als wie wenn ich die Töpfchen wässere und die Drainage als eine Art kleiner Wasserablauf dient, falls überschüssiges Wasser aus den Töpfchen läuft.
Frisch getopft geht es nun in die Endrunde der Kleinen, um sie für die kommenden Monate fit zu machen.
Das allerbeste bei der Methode ist, wie ich sie anwende, daß man wirklich 2-3 Monate absolut nicht wässern braucht- vorausgesetzt, die Öffnungsschlitze sind zu.
Im geschlossenen Minigewächshaus entwickelt sich in sehr kurzer Zeit eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit, welche die Kleinen auch zum guten Heranwachsen brauchen, neben viel Licht und Wärme, wowegen sie bei mir auch direkt unter der Tageslicht-Leuchtstoffröhre (LF 865) stehen.
Da das große Minigewächshaus ein abgeschrägtes "Dach" hat, perlt überschüssiges Wasser einfach ab und tropft nicht direkt auf die Sämlinge. Es sammelt sich unten im Boden wo es wieder verdunstet und sich so eine stabile, gleichbleibende Luftfeuchtigkeit aufbaut.
Falls es von Interesse ist- die Maße meiner großen Minigewächshäuser sind ca. 38 cm breit, ca. 58 cm lang und ca. 23 cm hoch (mit Deckel) und verfügen über 2 Abluftöffnungen oben im Deckel die sich mit Schiebern regulieren lassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, je größer so ein Minigewächshaus ist, desto besser reguliert sich der "Wasserhaushalt" in ihm.
Durch diesen Feuchtigkeitskreislauf braucht man bis zu 3 Monate nicht einmal den Deckel zu öffnen und wenn sie schön wachsen sehen sie in ca. 10 Monaten aus wie die Sämlinge im unteren Bild. Das Minigewächshaus brauchte ich in der Zeit nur ganze dreimal zu öffnen um die Töpfchen wieder mal leicht zu wässern- eine Restfeuchtigkeit war immer gegeben!
Auch in dem MGWH unten im Bild sind die Sämlinge in totem Sphagnum getopft, aber wie man sieht, ist es zu neuem Leben erwacht und beherbergt neben Farn auch Gras. Beides sollte man aber beizeiten vorsichtig herauszupfen, da es ganz schnell überhand nimmt.
Wer es nur so kennt, daß die Wurzeln und das Substrat erst abtrocknen müssen, bevor wieder gewässert wird, muß sich bei dieser Kultur/Aufzucht von seinen Babys gehörig umstellen. Ihr "Substrat darf nicht trocken werden und Wurzeln, die wachsen, bleiben hellgrün, da sie in immerfeuchtem Umfeld hinein wachsen.
Frisch entflaschte Sämlinge haben nur eine "Sorte" Wurzeln, immerfeuchte- da sie in einem geschlossenen Behätnis bis zur Pikierfähigkeit herangezogen werden. Ihre sehr empfindlichen Wurzeln sind Dauerfeuchtigkeit gewohnt und so ist es für sie keinerlei Umstellung, wenn sie weiterhin in feuchtem Shagnum weiter kultiviert werden.
Etwas anderes ist es, wenn Wurzeln, die den Rythmus trocken-nass gewohnt sind (silbern-trocken/grün-nass), plötzlich auf Dauernass/Dauerfeucht umgestellt werden. Dies führt in den meisten Fällen zu Wurzelfäule und zum Eingehen der ganzen Pflanze (siehe dazu auch hier Pflegefehler Nr.1, überwässern!)
Man kann natürlich eine Phalaenopsis mit der Wasserglasmethode kultivieren, nur müssen die neuen Wurzeln/Wurzelspitzen von selbst ins Wasser wachsen. Phalaenopsiswurzeln sind ungemein anpassungsfähig und verändern, je nach äußeren Einflüssen, ihre äußere Wurzelschicht (genannt Velamen).
Wie lange bleiben die Sämlinge nun insgesamt im geschlossenen Minigewächshaus?
Man kann nicht pauschal 1,5 Jahre sagen, denn jede Kreuzung wächst unterschiedlich schnell, bzw. langsam. Man muß es einfach beobachten und wenn sie anfangen, überlappend zum Nachbarn zu wachsen und sich somit gegenseitig das Licht wegnehmen, sollte auseinander gesetzt werden, wodurch es sehr gut passieren kann, daß ein 2. Minigewächshaus hergerichtet werden muß.
Je größer sie werden, desto mehr Platz brauchen sie. Dessen muß man sich am besten schon vor Kauf einer Flasche oder dem befruchten einer Blüte bewusst sein, daß Platz eine wichtige Rolle während der Aufzucht spielt.
Noch ein paar Eckpunkte für eine erfolgreiche Aufzucht kleiner Sämlinge:
- keine direkte Sonneneinstrahlung!
Die Blätter der jungen Pflänzchen sind noch sehr empfindlich und verbrennen im Nu!
- sehr weiches Wasser zum wässern nehmen!
Die zarten Wurzeln sind noch sehr empfindlich. Die ersten 6-8 Monate dünge ich gar nicht, was dem tollen Wachstum keinerlei Abbruch tut.
- Wärme ist sehr wichtig!
Je kühler das direkte Umfeld ist, desto langsamer wachsen die Kleinen. Optimal ist eine Temperatur zwischen 24-28 Grad. Im Winter helfen sich auch viele mit Wärmeunterlagen bzw. Wärmematten, welche unter das Minigewächshaus gelegt und mit Strom betrieben werden, die es oft in Reptilienabteilungen gibt.
- Hohe Luftfeuchtigkeit lieben die Kleinen!
Werden die jungen Pflänzchen in einer Umgebungsluftfeuchtigkeit von weniger als 75% heran gezogen, macht sich dies meist im stagnierenden Wachstum bemerkbar. Teilweise möchten sie in solch einer "trocknen" Umgebung gar nicht weiterwachsen, was ich immer wieder beobachtet habe. Je höher die Luftfeuchtigkeit ist, desto besser gedeihen sie. Optimal ist eine Luftfeuchtigkeit zwischen ca. 78-89%, welche dadurch erreicht wird, indem man die Lüftungsschlitze geschlossen lässt.
Während Hybriden aus dem Baumarkt oder Gartencenter sehr pflegeleicht sind und auch Wohnungen mit 50% Luftfeuchtigkeit tolerieren, sieht es bei Naturformen und direkten Kreuzungen schon anders aus.
Bei Phalaenopsis- Babys sind sie sich aber alle gleich. Zur Aufzucht benötigt man eine hohe Luftfeuchtigkeit, welche man am besten und wirkungsvollsten mit einem Minigewächshaus erreicht.
Man sollte darauf achten, daß es ein abgeschrägtes Dach/Haube hat, damit das kondensierte Wasser seitlich abperlen kann und der Boden sollte mit mind. 1 cm zb. kleine Tonkügelchen bedeckt sein, um überschüssiges Wasser aufzunehmen, welches dann wieder an die direkte Umgebung abgegeben wird. So entsteht ein eigener Wasserkreislauf im Minigewächshaus, was es ermöglicht, nicht jede Woche wässern zu müssen und die Kleinen nicht unnötig in ihrem Wachstum zu stören.
Wer noch nie Phalaenopsissämlinge aus der Flasche/Becher großgezogen hat, sollte, so ist mein Tipp, erst einmal mit einfachen Kreuzungen beginnen, wie etwa Phal. equestris Kreuzungen.
Für direkte gigantea Kreuzungen z.B. empfiehlt sich wirklich schon Erfahrung in der Aufzucht.
Nicht, daß ich es keinem gönnen möchte- nur ist der eigene Erfolg bei der Aufzucht ungemein wichtig. Wenn man sieht, wie ein Sämling nach dem anderen eingeht, schmeißt man schnell das Handtuch, weil man glaubt, daß es nichts wird und man keinen grünen Daumen hat.
Um dieses Denken gar nicht erst aufkommen zu lassen- um Erfolgserlebnisse zu haben- empfehle ich es erst mit leichteren Kreuzungen zu versuchen.
Man kauft ja auch extra wichtige Dinge für eine Aufzucht und wenn es dann nicht klappen will und man aufgibt, war die Anschaffung umsonst- das muß ja nicht sein.
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